Gleiches Geld

Einkommensungleichheit und Armut nehmen zu

Der neue Verteilungsbericht der Hans-Böckler-Stiftung ist alarmierend: Die Armutsquote steigt, mit Auswirkungen auf Demokratie und Gesellschaft.
© canva.com
Die Armutsquote in Deutschland steigt kontinuierlich, besonders betroffen sind Frauen.
08.11.2024

Die Einkommensschere in Deutschland klafft immer weiter auseinander.

2010 lag die Armutsquote noch bei 14,2 und die Quote strenger Armut bei 7,8 Prozent. Seitdem ist die Armutsquote beständig angestiegen. Unter anderem die Coronakrise und die Inflation haben dazu geführt, dass sich die Lage von Menschen mit geringem Einkommen in den vergangenen Jahren weiter verschlechtert hat – trotz der insgesamt positiven Einkommensentwicklung im letzten Jahrzehnt.

Diese Entwicklung verstärkt auch Existenzängste, nicht nur in den unteren Einkommensschichten: Deutlich mehr als die Hälfte der Menschen in der unteren Einkommenshälfte, aber auch knapp 47 Prozent in der oberen Mittelschicht gaben im vergangenen Jahr an, dass sie sich fürchten, ihren Lebensstandard zukünftig nicht mehr halten zu können. Zu diesen Ergebnissen kommt das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der Hans-Böckler-Stiftung in seinem aktuellen Verteilungsbericht „Ungleiche Teilhabe: Marginalisierte Arme – verunsicherte Mitte“.

 

Besonders von Armut betroffen sind Frauen.

In allen Altersgruppen ist die Armutsgefährdungsquote bei Frauen höher als bei Männern: Durchschnittlich liegt sie bei 15,4 Prozent im Vergleich zu 13,9 Prozent bei Männern. Mit zuneh­mendem Alter vergrößert sich der Abstand auf 20,6 Prozent zu 14,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt ermittelt hat.

Um die soziale Ungleichheit zu verringern, empfiehlt die Studie der Hans-Böckler-Stiftung, bewährte Institutionen wieder zu stärken, die über die vergangenen Jahrzehnte erodiert sind: Starke Tarifverträge, soziale Sicherungssysteme und eine leistungsfähige öffentliche Infrastruktur, die von funktionierenden Verkehrswegen und modernen Energienetzen bis zum Bildungs- und dem Gesundheitssystem reicht.

Wenn die Politik diese Maßnahmen konsequent umsetzt, würden insbesondere auch Frauen profitieren:

  • Durch eine Anhebung des Mindestlohns steigen die Einkommen in Branchen, in denen zum größten Teil Frauen arbeiten.
  • Eine sichere und auskömmliche gesetzliche Rente hilft dabei, Altersarmut zu bekämpfen – ein Problem, von dem Frauen überdurchschnittlich betroffen sind.
  • Eine gute Daseinsvorsorge in den Bereichen Verkehr, Gesundheit und Betreuung ist darüber hinaus für Frauen essenziell, da sich diese deutlich häufiger um die Erziehung der Kinder und die Pflege von Angehörigen kümmern, als Männer.

 

Welche Folgen Abstiegsängste für unsere Gesellschaft haben können, zeigt sich schon heute.

Die Erhebungen der Hans-Böckler-Stiftung verdeutlichen, dass mangelnde materielle Teilhabe und um sich greifende Verunsicherung negative Folgen für die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt haben können. Besonders gefährlich sind in diesem Zusammenhang die Versuche von Politiker*innen, verschiedene gesellschaftliche Gruppen gegeneinander auszuspielen, wie beispielsweise in der Bürgergeld-Debatte.

Stattdessen muss die Politik das Teilhabeversprechen erneuern, Niedriglöhne und den Gender Pay Gap bekämpfen sowie die Tarifbindung stärken.

 

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