Strukturell betrachtet würde eine höhere Lohnuntergrenze vor allem Beschäftigte in kurzer Teilzeit, in Minijobs (davon fast drei Viertel im Niedriglohnsektor) sowie geringfügig Beschäftigte betreffen, ebenso befristet Beschäftigte und alle in Betrieben mit weniger als 100 Angestellten.
Die größten positiven Auswirkungen sind in Dienstleistungs- und Handwerksbranchen, in Ostdeutschland, bei erwerbstätigen Frauen (ihr Anteil im Niedriglohnbereich beträgt rund 60 Prozent) und bei Menschen mit Migrationshintergrund zu erwarten. Es ist wichtig und nötig, diese Bereiche zu unterstützen!
Über alle Branchen hinweg werden aber auch Beschäftigte von nicht-tarifgebundenen Unternehmen besonders profitieren, denn sie bekommen üblicherweise deutlich weniger Lohn als Tarifbeschäftigte.
Um die Einhaltung des Mindestlohns besser zu gewährleisten, muss die Aufzeichnung der Arbeitszeit gemäß Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Mai 2019 insgesamt umgesetzt werden und die Kontrollbehörden benötigen zusätzliches Personal.
Ausnahmen vom Mindestlohn und der entsprechenden Dokumentationspflichten lehnt ver.di nachdrücklich ab! Nur mit einer lückenlosen Dokumentation lassen sich Mindestlohnverstöße durch die zuständigen Behörden ermitteln und die Zahlung des Mindestlohns durchsetzen.
Die von der Bundesregierung zusätzlich geplante Anhebung der Minijobgrenze von 450 auf 520 Euro weisen wir ebenfalls entschieden zurück! Hierdurch würden Minijobs weiter gefördert und privilegiert, wodurch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung für Arbeitnehmer*innen langfristig zum Nachteil wird. Dadurch könnten Minijobs immer mehr reguläre Arbeitsplätze verdrängen und vor allem Frauen müssten in der Teilzeitfalle verharren. Mehr dazu in unserem Info-Pool zu Minijobs.
Die Debatte um die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro hängt auch stark mit der späteren Altersversorgung zusammen. Denn die Ursache für niedrige Renten sind üblicherweise niedrige Löhne, (oft unfreiwillige) Teilzeit und sogenannte "unstete Erwerbsverläufe", also Unterbrechungen, Befristungen, Zeiten in Minijobs.
Das betrifft vor allem Frauen, weil sie unverändert den größten Teil der Sorgearbeit stemmen, von der Kinderbetreuung über die Haushaltorganisation bis zur Pflege von Angehörigen.
Und wie sieht es dann im Alter aus?
Aktuell betragen fast 20 Prozent aller Altersrenten in Deutschland weniger als 500 Euro im Monat:
Aus den genannten Gründen gilt das insbesondere Frauen, deshalb ist für sie ein höherer Mindestlohn besonders wichtig!
Mehr dazu in der sopo aktuell vom ver.di-Bereich Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik:
Zum Thema liefert außerdem der WSI-Policy Brief Einblicke aus der WSI-Lohnspiegel-Datenbank:
Aufgrund ihrer höheren Betroffenheit von Niedriglöhnen würden Frauen zu den Hauptbegünstigten eines höheren Mindestlohns zählen, insbesondere wenn sie Teilzeit arbeiten und/oder einen befristeten Arbeitsvertrag haben. Auch Beschäftigte in kleineren Betrieben ohne Tarifbindung würden überproportional von einer Anhebung des Mindestlohns profitieren.
Etwa zwei Drittel der Personen, die aktuell unter zwölf Euro brutto pro Stunde verdienen, sind Frauen. Durch die Anhebung des Mindestlohns würde vor allem die Entlohnung von Beschäftigten ohne Tarifvertrag verbessert, denn diese sind rund dreimal so häufig von Niedriglöhnen betroffen wie Beschäftigte mit Tarifvertrag. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI):
Im Herbst 2020 hat die EU-Kommission Vorschläge für höhere und weiter reichende Mindestlöhne und zur Stärkung der kollektiven Lohnfindung vorgelegt. Die Begründung „liest sich wie das komplette Gegenprogramm zur Politik in der Finanzkrise“, so eine Analyse der Arbeitsmarktexperten Thorsten Schulten vom WSI und Torsten Müller vom Europäischen Gewerkschaftsinstitut ETUI:
Dabei ist klar: Der Mindestlohn kann nur die unterste Haltelinie sein. Wirklich gute Lohn- und Arbeitsbedingungen gibt es nur mit Tarifverträgen! Doch nur noch 51 Prozent der Beschäftigten sind tarifgebunden. Vor allem im Osten gibt es viele tariffreie Zonen.
Auch deshalb braucht die Tarifbindung unterstützende Maßnahmen seitens der Politik: Öffentliche Aufträge und Fördergelder sollten nur noch an Unternehmen gehen, die Tarifverträge anwenden. Gleichzeitig muss die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen erleichtert werden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) redet Klartext:
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