Die 19. Frauen-Alterssicherungskonferenz, organisiert von den ver.di-Bereichen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik und Frauen- und Gleichstellungspolitik in Zusammenarbeit mit dem Sozialverband Deutschland, fand am Dienstag, den 2. Juli 2024, in der ver.di-Bundesverwaltung statt. Die Veranstaltung wurde hybrid abgehalten und lief daher auch als Online-Livestream.
(Text von Maria Öchsner, ver.di)
Die Konferenz, die seit ver.di-Gründung regelmäßig durchgeführt wird, bot vielfältige Einblicke in die Herausforderungen und Lösungsansätze zur Verbesserung der Alterssicherung von Frauen aus alterssicherungs- und arbeitsmarktpolitischer Sicht. Im Mittelpunkt des Vormittags standen das "Rentenpaket II" und dessen Auswirkungen auf die Rentensituation von Frauen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Daneben war ein zentrales Thema der Veranstaltung der sogenannte Gender Gap Arbeitsmarkt, der die Ungleichheit zwischen Frauen und Männern im Erwerbsleben beschreibt. Dieser Indikator betrachtet neben der Verdienstlücke pro Stunde (Gender Pay Gap) zusätzlich die Unterschiede in der bezahlten monatlichen Arbeitszeit (Gender Hours Gap) und in der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern (Gender Employment Gap). So können die Ursachen betrachtet werden, die zur Rentenungleichheit zwischen den Geschlechtern führen.
Silke Zimmer, Mitglied im Bundesvorstand der ver.di, eröffnete die Konferenz. Sie hob die Relevanz der Alterssicherung für Frauen hervor und betonte die Notwendigkeit gemeinsamer Anstrengungen, um gerechtere Bedingungen für Frauen zu schaffen. Sie erläuterte, dass die aktuelle Rentenlücke zwischen Männern und Frauen bei 27 Prozent liegt, somit Frauen ein Viertel weniger Rente erhalten. Die Ursachen hierfür sind unter anderem der Gender Pay Gap sowie nicht entlohnte Care-Arbeit, der sogenannte Gender Care Gap.
Zum Rentenpaket II führte Zimmer aus, dass die dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus auf 48 Prozent ein erster wichtiger Schritt sei, um Frauenaltersarmut einzudämmen, jedoch längst nicht ausreiche und fordert stattdessen ein Niveau von 53 Prozent. Ein weiterer Fokus der Konferenz wurde auf den neuen Indikator des Statistischen Bundesamtes, den Gender Gap Arbeitsmarkt, gelegt. Da die Rente immer „Spiegelbild des Erwerbslebens“ sei, werden die Ursachen der Ungleichheit zwischen Frauen und Männern im Erwerbsleben gelegt.
Michaela Engelmeier, die erste weibliche Vorstandsvorsitzende des SoVD-Bundesverbands, begrüßte ebenfalls die Teilnehmenden und betonte die Wichtigkeit der Zusammenarbeit zwischen ver.di und dem Sozialverband Deutschland (SoVD). Auch sie unterstrich die Bedeutung der Niveaustabilisierung im kürzlich beschlossenen Rentenpaket der Ampelkoalition und betonte wie Silke Zimmer, dass dies nicht ausreiche. Ein Großteil der Renten liege zwischen 450 Euro und 1.650 Euro im Monat – zu wenig, um das Versprechen des Sozialstaates zu erfüllen, im Alter genügend Rente zum Leben zu haben.
Sie kritisierte ebenfalls das Generationenkapital und die damit verbundene Einführung der Kapitaldeckung in der gesetzlichen Rente und warnte vor einer Anhebung des Renteneintrittsalters. Engelmeier machte klar, dass eine private Ausweitung der Rente und Kürzungen der gesetzlichen Rente keine Lösungen seien. Die umlagefinanzierte gesetzliche Rente sei „die bessere Rente“. Dafür müssten neben einem Sicherungsniveau von 53 Prozent alle Erwerbstätigen, also auch die Beamt*innen, Selbstständige, Mandatstragende und die Versicherten der berufsständischen Versorgungswerke einbezogen werden. Zudem bräuchten wir schon im Erwerbsleben bessere Bedingungen durch höhere Löhne, eine Ausweitung der Tarifbindung, die Umwandlung der Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sowie bessere Kinderbetreuungsangebote. „Denn das Erwerbsleben ist die Grundlage für die spätere Rente.“
Ein weiteres Anliegen sei der fehlende Inflationsausgleich in der Rente. Engelmeier forderte einen gerechten Ausgleich für die gestiegenen Preise, da die Rentner*innen bisher leer ausgegangen seien. Der SoVD halte das für ungerecht und habe deshalb mehrere Aktionen auf Bundes- und Landesebene initiiert. Eine Petition sei beim Bundestag eingereicht und bereits angenommen worden. Der SoVD werde sich weiter für einen Inflationsausgleich in der Rente einsetzen.
Dr. Judith Kerschbaumer, Leiterin des Bereichs Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik von ver.di, führte in das Programm ein und ermutigte die Teilnehmenden auch online zur aktiven Diskussion, indem Fragen und Anmerkungen im Chat gestellt werden konnten.
Dr. Natalie Brall, Unterabteilungsleiterin für Alterssicherung im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), präsentierte das "Rentenpaket II" der Ampelkoalition. Sie erläuterte die geplanten Maßnahmen und deren potenzielle Auswirkungen auf die gesetzliche Rente. Die vorgestellten Reformen zielen darauf ab, das Rentenniveau auf 48 Prozent zu stabilisieren. Ohne eine Stabilisierung auf heutigem Stand würde das Rentenniveau in den nächsten zehn Jahren auf rund 45 Prozent absinken.
Brall hob die bisherigen Meilensteine des BMAS hervor, wie die Rente ab 63 und die Mütterrente unter Bundesministerin Nahles sowie die doppelte Haltelinie für Beitragssatz und Rentenniveau unter Bundesminister Heil, die jedoch bis 2025 ausläuft. Sie betonte auch die Verbesserungen bei den Erwerbsminderungsrenten, die nun zum 1. Juli 2024 auf die Bestandsrenten übertragen wurden. Um dem Fachkräftemangel auf dem deutschen Arbeitsmarkt entgegenzutreten, müsse das Potential inländischer Fachkräfte komplett ausgeschöpft werden. Dieses erreiche man durch höhere Löhne, gute Arbeitsbedingungen, tarifpolitische Innovationen und das Schaffen von Anreizen für Rentner*innen.
Durch das Rentenniveau von 48 Prozent sei eine verlässliche Rente gewährleistet. Brall erklärte, wie das Generationenkapital funktioniert und betonte, dass es von einer unabhängigen Stiftung des öffentlichen Rechts verwaltet werden solle, finanziert durch Eigenmittel und Darlehen des Bundes und nicht durch Rentenbeiträge. Sie stellte klar, dass die Einführung des Generationenkapitals eine Bedingung des Bundesministerium für Finanzen (BMF) war, sieht es jedoch auch als Chance. Der KENFO, der Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung, übernehme vorerst die Kapitalanlage.
Das Generationenkapital werde als ein neuer Kapitalstock aufgebaut, der durch Eigenmittel und Darlehen des Bundes gespeist wird. Jährlich ab 2024 werden Darlehen in Höhe von zwölf Milliarden Euro eingezahlt. Diese Summe wird jährlich um je drei Prozent erhöht. Zusätzlich wird bis 2028 Eigenkapital durch die Übertragung von Beteiligungen des Bundes in einem Volumen von 15 Milliarden Euro eingebracht. Ziel sei es, bis 2036 einen Kapitalstock von mindestens 200 Milliarden Euro zu erreichen. Die Erträge aus dem Generationenkapital sollen ab Mitte der 2030er Jahre zur Stabilisierung des Beitragssatzes beitragen. Ziel ist es, durch die Bewirtschaftung des Kapitals dauerhaft Erträge zu erzielen, die zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Rente genutzt werden können.
Zur Kritik am Rentenpaket II entgegnet Brall: „Die Rente muss verlässlich bleiben! In Deutschland werden im internationalen Vergleich schon heute eher niedrige Renten gezahlt, die Ausgaben für die Rente liegen gemessen am BIP nur im Mittelfeld und das trotz der im Vergleich 'alten' Bevölkerung. Mit dem Generationskapital schaffen wir eine ergänzende Finanzierungsquelle für die gesetzliche Rentenversicherung. Durch die langfristige Anlagestrategie wird eine verlässliche Rendite angestrebt. Mit den Erträgen wird die Beitragssatzentwicklung ab Mitte der 2030er Jahre stabilisiert. Und ja: Früher zu starten wäre besser gewesen.“
Aus BMAS-Sicht werde das Rentenpaket II als ein erster Schritt in Richtung einer nachhaltigen Stabilisierung des Rentensystems gesehen, als ein politischer Kompromiss, der zur langfristigen Stabilisierung des Rentenniveaus und zur Schaffung einer guten Rente für alle, sowohl Jung als auch Alt, beitragen soll.
Dr. Judith Kerschbaumer, Leiterin des Bereichs Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ver.di, gab eine kritische Einschätzung des Rentenpakets II aus gewerkschaftlicher Perspektive. Kerschbaumer betonte, dass es sich bei der angestrebten Stabilisierung des Rentenniveaus auf 48 Prozent um einen ersten wichtigen Schritt handle. ver.di fordere ein Niveau von 53 Prozent und zusätzlich deutlich verbesserte Mindestsicherungselemente, um eine echte und dauerhafte Sicherung zu gewährleisten. Sie wies darauf hin, dass die Bundesregierung im Jahr 2035 einen Bericht an den Bundestag vorlegen muss, „ob und welche Maßnahmen erforderlich sind, um das Sicherungsniveau vor Steuer über das Jahr 2039 hinaus bei 48 Prozent konstant zu halten“ (§ 154 Abs. 3 SGB IV). Sie kritisierte, dass das als dauerhaft angepriesene Rentenniveau nur bis zum 30. Juni 2040 stabilisiert werde und sprach sich für eine tatsächlich dauerhafte Lösung über 2040 hinaus aus.
Besonders aus Frauensicht sei das Rentenniveau von 48 Prozent unzureichend, um Altersarmut zu verhindern. Beim Grundrentenzuschlag seien nur 1,3 Millionen Menschen bezugsberechtigt. Drei Millionen Menschen wären anspruchsberechtigt, würde die Einkommensanrechnung entfallen. „Wir brauchen in der Rente mehr sozialen Ausgleich für niedrige Einkommen und einen Grundrentenzuschlag ohne Einkommensanrechnung“, so Kerschbaumer.
Zur Idee des Generationenkapitals äußerte Kerschbaumer erhebliche Bedenken und lehnte sie ab. Denn es sei fraglich, ob das benötigte Kapital von 200 Milliarden bis 2036 überhaupt erreicht werde. Dafür bräuchte es eine durchgängige Rendite von sieben Prozent. Das sei, wenn überhaupt, nur mit risikoreichen Anlagen zu erreichen. Außerdem sei zu kritisieren, dass es keine verpflichtenden gesetzlichen Anlagekriterien wie die ESG-Nachhaltigkeitskriterien (Environment/Umwelt, Social/Soziales und Governance/Unternehmensführung) gäbe. Letztendlich sei die entlastende Wirkung für den Beitragssatz nur sehr gering. Statt 22,6 Prozent ohne Generationenkapital wird ein Beitragssatz von 22,3 Prozent im Jahr 2040 prognostiziert. Und dabei ist noch unklar, wer hafte, wenn das Generationenkapital nicht die erwünschte Rendite erwirtschaftet.
Eine lebhafte Fragerunde und Diskussion schlossen sich an. Rebecca Liebig, Mitglied des ver.di Bundesvorstands, Michaela Engelmeier, Dr. Natalie Brall und Dr. Judith Kerschbaumer beantworteten Fragen aus dem Publikum und diskutierten verschiedene Aspekte des Rentenpakets sowie generelle Fragen zur Rentenpolitik. Ein wichtiger Punkt war der knappe Zeitplan zur Umsetzung des Rentenpakets. Brall betonte die Notwendigkeit, dass die Stiftung bis Ende 2024 stehen müsse, und versicherte, dass ein Einbeziehen von Rentenversicherungsbeiträgen in das Generationenkapital ausgeschlossen sei.
Die Diskussion drehte sich auch um die soziale Absicherung von Minijobs und Care-Arbeit, wobei hervorgehoben wurde, dass Minijobs oft eine Armutsfalle für Frauen darstellen. Es wurde gefordert, dass Minijobs ab der ersten Arbeitsstunde sozialversicherungspflichtig werden.
Nach einer Mittagspause, die der Vernetzung und dem Austausch diente, moderierte Dr. Simone Real, stellvertretende Leiterin der Abteilung Sozialpolitik im SoVD, den zweiten Teil der Konferenz und ermutigte die Teilnehmenden erneut zur aktiven Teilnahme.
Rebecca Liebig leitete den zweiten Themenblock ein und unterstrich die enge Verknüpfung von Arbeitsmarktpolitik und Alterssicherung. Sie betonte, dass sich, um die gesetzliche Rente gerecht zu gestalten, auch die Chancen für Frauen am Arbeitsmarkt verbessern müssen. Der Gender Pay Gap führt direkt zum Gender Pension Gap. In tarifgebundenen Betrieben sei diese Lohnlücke jedoch deutlich geringer, was auf die Bedeutung von Tarifverträgen hinweist. Liebig erläuterte, dass niedrige Löhne, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Minijobs, Zwangsteilzeit, Befristungen und unterbrochene Erwerbsverläufe die Existenzsicherung sowohl im Erwerbsleben als auch im Alter negativ beeinflussen. Besonders Frauen sind betroffen, da sie häufig den Löwenanteil der unentgeltlichen Sorgearbeit leisteten. Lösungsansätze umfassen gute Arbeit und gute Löhne, Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie eine ausgewogene Work-Life-Balance, um ein angemessenes Einkommen für alle Geschlechter zu gewährleisten.
Liebig hob die Bedeutung der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen hervor, etwa die Ganztagsbetreuung für Kinder, mehr Kitaplätze, die Gleichstellung der Geschlechter in der Sorgearbeit, die Erhöhung des Mindestlohns und die Überführung der Steuerklassen III und V in die Steuerklasse IV. Sie zog eine Bilanz zur Umsetzung der Vorhaben und zeigte sich enttäuscht, dass viele Vorhaben bisher unerfüllt geblieben sind. Sie forderte die Ampelkoalition auf, ihre Versprechen zur Gleichstellung umzusetzen und kündigte an, dass ver.di bis zur Bundestagswahl 2025 Druck machen und die Umsetzung der Forderungen aktiv begleiten werde. Liebig schloss ihre Rede mit einem Aufruf, weiterhin für eine eigenständige Existenzsicherung für Frauen im Erwerbsleben, während der Care-Arbeit und im Alter zu kämpfen.
Lars Chittka von Destatis stellte in seiner Präsentation umfassende Daten und Analysen zum Gender Gap Arbeitsmarkt vor. Er verdeutlichte die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Erwerbstätigkeit und bei den Löhnen und stellte die langfristigen Auswirkungen dieser Unterschiede auf die Alterssicherung dar.
Der unbereinigte Gender Pay Gap (GPG) lag 2023 bei 18 Prozent (4,46 Euro weniger Bruttolohn pro Stunde für Frauen) und wird aus den durchschnittlichen Stundenverdiensten berechnet. Die Gründe für diesen Wert umfassen schlechter bezahlte Berufe, häufigere Teilzeitarbeit und seltener Führungspositionen bei Frauen. Interessanterweise variiert der unbereinigte Gender Pay Gap je nach Merkmalen stark: je höher die Position oder Qualifikation, desto größer ist der Unterschied. Der bereinigte Gender Pay Gap beträgt hingegen sechs Prozent (1,59 Euro). Hierbei werden Einflüsse wie Teilzeitarbeit und berufliche Unterschiede herausgefiltert, allerdings liegen nicht alle lohnbestimmenden Informationen vor. Mit dem bereinigten Gender Pay Gap können daher Aussagen über die Verdienstlücke bei vergleichbaren Eigenschaften getroffen werden, während der unbereinigte Gender Pay Gap auch unterschiedliche Zugangschancen auf bestimmte Positionen oder Arbeitgeber berücksichtige.
Langfristige Verdienstunterschiede zeigen sich deutlich darin, dass Frauen insgesamt weniger Stunden arbeiten als Männer. Diese Diskrepanz umfasst sowohl bezahlte Erwerbsarbeit als auch unbezahlte Care Arbeit. Frauen verdienen ab der Geburt ihres Kindes im Durchschnitt weniger, während Männer bis zum Ende ihrer Erwerbszeit steigende Einkommen verzeichnen. Der Verdienstabstand im Monat ist daher deutlich größer als der Gender Pay Gap. Da der gesetzliche Rentenanspruch auf dem verbeitragten Verdienst basiert, sind Frauen aufgrund dieser Ungleichheiten stärker von Altersarmut betroffen. Der Gender Pension Gap liegt ohne Hinterbliebenenrente bei 39 Prozent.
Der Gender Gap Arbeitsmarkt (GGA) ist ein weiterer Indikator und setzt sich aus dem Gender Pay Gap, dem Gender Hours Gap und dem Gender Employment Gap zusammen und erweitert somit die Betrachtung um Arbeitszeitangebot und Erwerbsbeteiligung. So ergibt sich ein vollständigeres Bild der Situation von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt: Frauen verdienen nicht nur weniger pro Stunde, sondern nehmen auch seltener am Erwerbsleben teil und arbeiten häufiger in Teilzeit als Männer. So komme es zu einem hohen Verdienstabstand zwischen den beiden Geschlechtern im Monat, wodurch der gesetzliche Rentenanspruch bei Frauen kleiner ausfalle.
Chittkas Präsentation zeigt, dass der bekannte Gender Pay Gap nur ein Teilaspekt der geschlechtsspezifischen Verdienstungleichheit ist. Die erweiterten Indikatoren bieten ein vollständigeres Bild der Situation von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt und verdeutlichen die Notwendigkeit umfassender Maßnahmen zur Reduzierung dieser Ungleichheiten.
Thomas Fischer, Vertreter des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), präsentierte den aktuellen Stand zur Weiterentwicklung des Entgelttransparenzgesetzes bzw. der europäischen Entgelttransparenzrichtlinie (ETRL). Mit der Richtlinie soll die geschlechtsspezifische Lohnlücke in der EU durch starke Transparenz- und Rechtsdurchsetzungsinstrumente verringert werden. Denn die unterschiedliche Entlohnung von Frauen und Männern sei noch immer weit verbreitet. Die Richtlinie stärke die Rechte von Beschäftigten. Sie sieht zum Beispiel vor, dass alle Beschäftigten einen Auskunftsanspruch gegenüber ihrer Arbeitgeberseite haben. Damit können sie in Erfahrung bringen, wie sie im durchschnittlichen Vergleich zu ihren Kolleg*innen entlohnt werden.
Unternehmen ab 100 Beschäftigten müssen nach der Richtlinie regelmäßig Daten zur geschlechtsspezifischen Lohnlücke in ihrem Betrieb veröffentlichen. Zeigt sich dabei ein Gender Pay Gap – eine geschlechtsspezifische Lohnlücke – von über fünf Prozent, müssen sie in einer Entgeltbewertung die Gründe dafür analysieren und Abhilfe schaffen. Auch die Verhandlungsposition von Stellenbewerber*innen werde durch die Richtlinie gestärkt: Sie haben das Recht, von künftigen Arbeitgeber*innen Informationen über das Einstiegsentgelt oder dessen Spanne zu erhalten. Daneben sorge die Richtlinie dafür, dass Beschäftigte ihr Recht auf gleiches Entgelt leichter gerichtlich durchsetzen können und Frauen nicht alleine vorgehen müssten. Die Richtlinie verlange beispielsweise, dass qualifizierte Verbände Kläger*innen in Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren unterstützen können.
In Deutschland gilt das Entgelttransparenzgesetz seit 2017, um den Grundsatz "gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit" für Frauen und Männer in der Praxis durchzusetzen. Das Entgelttransparenzgesetz wurde im Sommer 2023 zum zweiten Mal im Hinblick auf seine Wirksamkeit evaluiert. Konkret zeigte die Evaluation, dass das Gesetz und seine Instrumente bei den Beschäftigten nach wie vor nicht ausreichend bekannt sind. Den individuellen Anspruch auf Auskunft nutzen Beschäftigte noch immer eher zurückhaltend. Nur wenige Unternehmen würden ihre Entgeltstrukturen freiwillig überprüfen. Weniger Unternehmen als erwartet veröffentlichen Berichte zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit.
Die Weiterentwicklung des Entgelttransparenzgesetzes wird auch die im Juni 2023 in Kraft getretene EU-Entgelttransparenzrichtlinie berücksichtigen. Die Richtlinie ist bis Juni 2026 in nationales Recht umzusetzen. Sie sieht verpflichtende Transparenzmaßnahmen für die Arbeitgeberseite vor und stärke die Rechte der Beschäftigten zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebots.
Aktuell wartet das neue Entgelttransparenzgesetz darauf, im Bundestag eingebracht zu werden, damit es noch im Frühjahr 2025 in Kraft treten kann. Damit möchte man frühzeitig Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für Unternehmen schaffen und einen unverhältnismäßig hohen Implementierungsaufwand durch zu kurzfristige Umsetzung vermeiden. Angesichts der nahenden Sommerpause und des bevorstehenden Endes der Legislaturperiode ist allerdings nicht klar, ob das umsetzbar ist.
Die Diskussion, geleitet von Dr. Simone Real, bot den Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Fragen direkt an die Referierenden zu richten. Dabei fokussierte sich die Diskussion auf den Gender Pension Gap. Es wurde betont, dass soziale Elemente in der gesetzlichen Rentenversicherung, z. B. Anrechnungen für Kindererziehung und Pflege, wichtig sind, um Rentenungleichheiten auszugleichen. Zudem wurden Fragen zum Entgelttransparenzgesetz gestellt: zur Nachzahlung bei festgestellter Diskriminierung, zur Rolle von Tarifverträgen und zur Effektivität des Entgelttransparenzgesetzes.
Zum Abschluss der Konferenz fassten Dr. Judith Kerschbaumer (ver.di) und Dr. Simone Real (SoVD) die wichtigsten Erkenntnisse zusammen. Die Konferenz bekräftigte die Notwendigkeit einer geschlechtergerechten Alterssicherungspolitik und ermutigte Frauen, aktiv für ihre Altersvorsorge einzutreten. Sie endete mit einem klaren Appell zur verstärkten Eigeninitiative bei der Altersvorsorge und der Notwendigkeit eines ausgewogenen Rentensystems.
Die 19. Frauen-Alterssicherungskonferenz bot eine Plattform für intensive Diskussionen und für den Austausch von Ideen zur Verbesserung der Rentensituation von Frauen. Sie betonte die Dringlichkeit, geschlechtsspezifische Ungleichheiten zu adressieren und nachhaltige Reformen einzuleiten, um die Alterssicherung für Frauen gerechter zu gestalten. Die vorgestellten Maßnahmen und Reformen, insbesondere das Rentenpaket II, wurden intensiv diskutiert und kritisch beleuchtet. Es bleibt abzuwarten, wie und ob das Rentenpaket II in die Praxis umgesetzt wird und welche weiteren Schritte notwendig sein werden, um eine gerechtere Alterssicherung für Frauen zu gewährleisten.
Als Mitglied genießen Sie alle Vorteile unserer großen Organisation und die Solidarität von mehr als zwei Millionen Kolleginnen und Kollegen.
ver.di ist eine starke Organisation aus knapp 2 Mio. Menschen, die sich zusammengefunden haben, um ihre Interessen durchzusetzen. ver.di finden Sie vor Ort und in Betrieben. Wir machen uns stark für Arbeitnehmerrechte, verhandeln Tarifverträge und setzen die Interessen unserer Mitglieder politisch durch.
ver.di sein heißt, sich gegenseitig helfen und unterstützen. Aus diesem Engagement der einzelnen Mitglieder zieht ver.di seine Stärke. Und dieses Netzwerk der Vielen bietet für jeden Einzelnen ganz praktische große und kleine Vorteile: im Job und darüber hinaus.
Wir unterstützen Arbeitnehmer/innen dabei, ihre Interessen und Rechte durchzusetzen. Und sollten Sie sich einmal nicht mehr selbst helfen können, vertreten wir Sie gerne ... im Zweifel durch alle Instanzen.
In ver.di organisieren sich Menschen aus über 1000 Berufen, die in unterschiedlichen Lebenssituationen stecken. Sie alle finden in ver.di einen kompetenten Ansprechpartner. Genauso vielfältig ist unser Service. Spezielle Angebote gibt es z.B. für Seniorinnen und Senioren, Selbstständige oder Beamte und Beamtinnen.
Wir bieten exklusiv für Mitglieder eine Vielzahl kostenloser Seminare zu Themen wie Arbeitsrecht, Gesundheitspolitik, soziale Kompetenz, Jugendvertretungen, Gleichberechtigung, Betriebsratsarbeit und vieles mehr.
Versicherungen zu Vorteilskonditionen, Sparen bei Reisen und Einkaufen und weitere Angebote bietet die Mitgliederservice GmbH allen ver.di Mitgliedern.
Auf „meine ver.di“ lassen sich Mitgliedsdaten bearbeiten, die Beitragsquittung und die Mitgliederbescheinigung runter laden und direkt ausdrucken, die Gruppenplattformen zur gemeinsamen Diskussion und zur Arbeit an Dokumenten erreichen und alle Informations-Abos verwalten.