Corona-Shutdown macht mehr staatliche Unterstützung notwendig
Wir fordern für Eltern einen Freistellungsanspruch ohne Einkommenseinbußen!
Seit Mittwoch, 16. Dezember 2020, gilt der zweite bundesweite Shutdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Auch und gerade Eltern sind nach bereits monatelangen Einschränkungen an der Belastungsgrenze, der DGB äußert sich besorgt.
Für den bis mindestens 10. Januar 2021 beschlossenen Shutdown fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mehr Unterstützung für Beschäftigte, Familien und Unternehmen.
Angesichts der erneuten Schul- und Kitaschließungen plädiert DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann für einen eigenständigen Freistellungsanspruch ohne Einkommenseinbußen, mit dem Beschäftigte rechtssicher auf pandemiebedingte Schließungen reagieren können. „Corona-bedingte Kinderbetreuung darf nicht zulasten des gesetzlichen Anspruchs auf Erholungsurlaub gehen“, so Hoffmann.
Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen GewerkschaftsbundesHomeoffice ist kein Ersatz für Kinderbetreuung. Eltern sind nach Monaten der Pandemie an der Belastungsgrenze, nicht nur finanziell.
Ähnlich äußerte sich Sandra Goldschmidt, stellvertretende Landesleiterin bei ver.di Hamburg: „Es ist bei der Entschädigung für Eltern wie mit dem Kurzarbeitsgeld: Gerade in den unteren Lohngruppen reichen 67 Prozent vorne und hinten nicht – schon gar nicht bei Familien mit Kindern und Alleinerziehenden. Der Gesetzgeber muss hier dringend nachbessern. Wir brauchen eine echte Freistellung mit komplettem Lohnersatz, zumindest bei Kindern unter zwölf!“ Mehr dazu von den ver.di Frauen Hamburg findet ihr auf Facebook.
Bund und Länder hatten bei ihrem Corona-Krisengipfel am Sonntag vereinbart, für Eltern "zusätzliche Möglichkeiten" zu schaffen, um für die Betreuung von Kindern im Lockdown "bezahlten Urlaub zu nehmen."
Eine erste neue Regelung für Eltern schulpflichtiger Kinder wurde am 16.12. im Bundeskabinett beschlossen. Demnach soll es die staatliche Verdienstausfallentschädigung auch geben, wenn Schulen in der Corona-Pandemie nicht geschlossen werden, sondern lediglich die Präsenzpflicht aussetzen, so wie das in einigen Bundesländern jetzt im Lockdown der Fall ist. Der § 56 des Infektionsschutzgesetzes soll entsprechend um einen Halbsatz ergänzt werden. Weitere Details dazu liefert die Webseite der Bundesregierung.
Unklar bleibt weiterhin, was mit Eltern von Kita-Kindern ist, deren Einrichtungen zwar nicht grundsätzlich schließen, die aber (wie in einigen Bundesländern nun üblich) gebeten werden, ihre Kinder nicht in die Einrichtung zu bringen. Diese bisher fehlende Regelung zu Kitas kritisieren wir scharf und bekräftigen unsere Forderungen an die Politik: Es braucht einen gesetzlichen Freistellungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber, eine Aufstockung des Verdienstausfalls und eine unbürokratische Auszahlung!
Einschätzung des DGB zu den erweiterten Entschädigungen für Eltern
Deutscher Gewerkschaftsbund: Bewertung der am 16. Dezember 2020 beschlossenen Erweiterung der Entschädigungszahlung für Eltern wegen der erneuten Schul- und Kitaschließung
- Ausgangslage
Nach dem Beschluss der Bundeskanzlerin vom 13.12. sollten aufgrund der erneuten Schließung der Schulen bzw. des Übergangs vom Präsenzunterricht zum sogenannten Distanzlernen für Eltern zusätzliche Möglichkeiten geschaffen werden, für die Betreuung der Kinder im Zeitraum 16. Dezember 2020 – 10. Januar 2021 bezahlten Urlaub zu nehmen.
In den sozialen Medien kündigten führende SPD-Politiker*innen (Saskia Esken) und BMAS-Vertreter (Björn Böhning) an, dass an einem „Sonderurlaub für Eltern“ gearbeitet wird.
- Ergebnis
Das Bundeskabinett beschloss überraschend am 16. Dezember 2020 eine Änderung der bisherigen Regelung der Entschädigungszahlung nach dem Infektionsschutzgesetz für Eltern, die aufgrund der Schul- und Kitaschließung einen Verdienstausfall erleiden, weil sie ihre Kinder betreuen müssen.
Der DGB war über die geplante Änderung nicht informiert und in die Beratungen nicht eingebunden. Es handelt sich um eine Regelung, die über das BMG (federführend für das Infektionsschutzgesetz) und nicht, wie erwartet, über das BMAS oder BMFSJ eingebracht wurde.
Neu ist, dass die Entschädigung nicht nur dann greift, wenn die Schule bzw. Kita geschlossen wird, sondern auch dann, „wenn von der zuständigen Behörde aus Gründen des Infektionsschutzes Schul- oder Betriebsferien angeordnet oder verlängert werden oder die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben wird" (so der Wortlaut der Änderung).
- Bewertung
Die Regelung der Entschädigungszahlung wurde auf die Fälle der Verlängerung der Schul-/Kitaferien sowie die Aufhebung der Präsenzpflicht in den Schulen erweitert. Die Regelung sieht keinen zusätzlichen bzw. neuen Urlaubsanspruch vor.
Die Regelung fällt angesichts der durch den MPK-Beschluss und die anschließenden politischen Ankündigungen geweckten Erwartungen sehr schmalspurig aus.
Es bleibt bei unserer Kritik:
- Die Entschädigung beträgt 67% des Nettolohnes (gedeckelt auf 2016 € netto/Monat), ist somit viel zu niedrig und dadurch unattraktiv.
- Die Bezugsdauer ist auf zehn Wochen (im Zeitraum April 2020 – Ende März 2021) begrenzt, das ist viel zu kurz und viel zu starr.
- Die Beantragung und Bewilligung der Entschädigung über den Arbeitgeber bei den zuständigen Gesundheitsbehörden der Länder ist umständlich und nicht effizient.
- Es gibt keinen klaren gesetzlichen Freistellungsanspruch für Beschäftigte. Arbeit im Homeoffice schließt den Anspruch auf Entschädigung nach wie vor aus. Zwar können Beschäftigte mit kleinen Kindern geltend machen, dass ihnen die Homeoffice-Arbeit aufgrund der Kinderbetreuung unzumutbar ist, müssen sich aber im Zweifel auf einen Konflikt mit dem Arbeitgeber einlassen, wenn dieser dennoch Homeoffice-Arbeit verlangt.
Der DGB fordert stattdessen:
- Anhebung der Entschädigungszahlung auf mindestens 80% des Nettoeinkommens ohne Deckelung, damit die Leistung für Eltern tatsächlich eine Alternative ist.
- Verlängerung der Bezugsdauer der Entschädigung für den gesamten Zeitraum der Schließung der Kitas und Schulen, der je nach Bundesland sehr unterschiedlich ausfällt.
- Einen klaren Freistellungsanspruch für die Beschäftigten, damit ihre Position gegenüber den Arbeitgebern gestärkt wird.
- Deutliche Vereinfachung des Verfahrens und eine bundeseinheitliche Regelung der Auszahlungsabwicklung.
Weitere Informationen zum Thema findet ihr auf den folgenden Seiten:
- ver.di fordert bundesweit klare Lockdown-Regeln für Kindertagesstätten
Pressemitteilung der ver.di vom 16. Dezember 2020 - Eltern werden nach wie vor im Stich gelassen!
Pressemitteilung der ver.di-Frauen Hamburg vom 16. Dezember 2020 - Corona-Entschädigung für Eltern wird ausgeweitet, Kritik an Lücken
RP-online vom 16. Dezember 2020 - Bezahlter Sonderurlaub für Kita-Eltern sieht anders aus! | Pressemitteilung der BEVKi (Bundeselternvertretung der Kinder in Kitas und Kindertagespflege) vom 16. Dezember 2020
- Erwartungen erfüllen – Vertrauen nicht zerstören | Pressemitteilung der BEVKi (Bundeselternvertretung der Kinder in Kitas und Kindertagespflege) vom 15. Dezember 2020
- DGB-Chef Hoffmann fordert Unterstützung für Beschäftigte, Familien und Unternehmen
Pressemitteilung des DGB vom 14. Dezember 2020 - Corona-FAQ: Was Eltern und Frauen jetzt wissen sollten
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