Die Corona-Pandemie hat mobiler Arbeit, vor allem im Homeoffice, einen enormen Schub gegeben: Forscherinnen des WSI und des I.M.U. haben zum Thema eine Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) ausgewertet. Demnach haben 24 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland im Januar 2021 ausschließlich von zu Hause aus gearbeitet, vor der Pandemie taten dies nur 4 Prozent. Weitere Details zur Studie gibt es bei der HBS.
Allerdings fehlen immer noch gesetzliche Regelungen und Rahmenbedingungen, um sicherzustellen, dass auch jenseits der Sondersituation wirklich die positiven Potenziale mobiler Arbeit zum Tragen kommen: Vor allem bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber auch weniger Zeitverlust und CO2-Ausstoß durch Pendelei oder eine Linderung regionaler Fachkräfteengpässe, weil Beschäftigte nicht am Arbeitsort wohnen müssen.
Forscherinnen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) und des Hugo-Sinzheimer-Instituts (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung halten ein Recht auf mobiles Arbeiten in Zukunft daher für notwendig. In einer neuen Studie (hier als PDF) erklären die Rechts- und Sozialwissenschaftlerinnen die Gründe und zeigen, wie entsprechende Gesetze ausgestaltet sein müssten. Am 03. Mai 2021 nahmen die Expertinnen auch an einer Anhörung zum Thema im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales teil.
Nur ein Rechtsanspruch, „der mobile Arbeit legitimiert und normalisiert, holt mobile Arbeit aus der 'Grauzone' der betrieblichen Arbeitsgestaltung“, analysieren Dr. Yvonne Lott, Dr. Elke Ahlers, Dr. Johanna Wenckebach und Dr. Aline Zucco. Erst wenn die Möglichkeit zum Arbeiten im Homeoffice oder von unterwegs, anders als heute oft noch, nicht mehr als „Gunst“ des Arbeitgebers angesehen wird, könnten Schattenseiten mobiler Arbeit vermieden werden.
Denn diese Schattenseiten belasten viele Beschäftigte: Etwa erhebliche Ungleichheit beim Zugang zum Homeoffice oder unbezahlte Mehrarbeit von mobil Arbeitenden, die nicht selten glauben, sich den empfundenen „Vertrauensvorschuss“ des Arbeitgebers durch besonderen Einsatz verdienen zu müssen.
Derzeit zeigen zahlreiche Untersuchungen, dass mobile Arbeit und Homeoffice für Beschäftigte nicht nur Chancen, sondern auch Risiken bergen. So gaben rund 60 Prozent der befragten Beschäftigten mit Homeoffice in der aktuellen Erwerbstätigenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung an, die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit würden für sie verschwimmen. Zu Hause fühlen sich Beschäftigte etwa häufiger verpflichtet, ständig erreichbar zu sein.
„Ein Rechtsanspruch auf mobile Arbeit muss nicht nur so ausgestaltet sein, dass es in der Hand der Beschäftigten liegt, diese auch in Anspruch zu nehmen, sondern auch einen eindeutigen gesetzlichen Rahmen schaffen, anhand dessen im Streitfall eindeutig über Rechte oder Ansprüche entschieden werden kann“, sagt Dr. Johanna Wenckebach, wissenschaftliche Direktorin des HSI.
Die Anforderungen an die vorgenannten Aspekte könnt ihr im Einzelnen auf der Webseite der HBS nachlesen, ebenso die zugehörige Studie sowie weitere Informationen zu mobiler Arbeit:
Auf unserer Webseite haben wir außerdem eine Infosammlung zur praktischen Umsetzung von mobiler Arbeit für euch zusammengestellt:
Schon vor Corona ließen sich viele Jobs zumindest teilweise zu Hause erledigen – was den Beschäftigten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern würde. Dennoch nutzt nur ein Teil von ihnen diese Chance.
Woran das liegt, haben Dr. Yvonne Lott, Forscherin am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, und Dr. Anja Abendroth von der Universität Bielefeld untersucht.
Ihre Studie von Ende 2019 zeigt, dass Barrieren, die sich aus der Unternehmenskultur ergeben, eine wichtige Rolle spielen, wenn Beschäftigte nie von zu Hause aus arbeiten. Ein Recht auf Homeoffice würde vor allem Frauen helfen.
Für ihre Untersuchung haben die Wissenschaftlerinnen einen Datensatz des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ausgewertet, der repräsentativ für Unternehmen ab 50 Beschäftigten ist. Darin enthalten sind Angaben von 1.800 Beschäftigten.
Warum manche Beschäftigte nie von zu Hause aus arbeiten:
Weitere Berechnungen der Wissenschaftlerinnen zeigen: Ob Anwesenheitskultur und befürchtete Karrierehindernisse dem Homeoffice im Weg stehen, hängt von der Unternehmenskultur ab. Wo Wert auf Familienfreundlichkeit und Flexibilität im Sinne der Beschäftigten gelegt wird, setzen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eher an den heimischen PC als in Firmen, in denen alle versuchen, den anderen ständig vorzuführen, wie hart sie arbeiten.
Frauen halten kulturelle Barrieren öfter vom Homeoffice ab als Männer. Sie befürchten eher, sich mit Homeoffice aufs berufliche Abstellgleis zu begeben.
Umso wichtiger ist es aus Sicht der Forscherinnen, dass Beschäftigte, die gern von zu Hause arbeiten würden, Rückendeckung vom Gesetzgeber bekommen. Ein Recht auf Homeoffice würde ihre Wünsche legitimieren und ihre Verhandlungsposition gegenüber dem Arbeitgeber verbessern.
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